Kochstellen anno dazumal

Mag. Marianne Messerer, Ehrenamtliche und Kulturvermittlerin

Am 1. Mai hätte ich im Rahmen unseres Vermittlungsformat „Alltag im Dorf“ im kleinen Gangküche des Ausnahm-Häusels aus Niedersulz Rede und Antwort auf die Frage „Wie war das damals in der Rauchküche?“ gegeben. Aus diesem Anlass möchte ich Ihnen einiges über frühere Kochstellen erzählen.

Das offene Feuer war, wie wir aus Funden und Bildern wissen, die ursprünglichste Form des Kochens und des Heizens. Anfänglich befanden sich die Feuerstellen am Erd- oder Felsboden im Freien. Erst als man den Umgang mit dem Feuer besser beherrschte, konnte es unter Bewachung in geschlossene Räume verlegt werden. Ein großer Fortschritt dabei war daher ein Raum, in dem sich in einer Ecke oder an einer Wand der Aufbau für die Feuerstelle befand.

Offene Feuerstelle (c) Museumsdorf

Die ältere Form des Raumes, wo auf offenem Feuer gekocht und gleichzeitig der Raum geheizt wurde, war die Rauchstube mit einem großen Rauchherd in einer Ecke oder auch mehreren offenen Feuerstellen. Der Rauch sammelte sich unter der Raumdecke, wo er bis zu etwa einem Viertel der Raumhöhe „hing“ und die Oberflächen mit Ruß schwarz färbte, strömte dann ohne direkten Rauchabzug durch eine Öffnung über der Tür in den Vorraum und von dort ins Freie. Das Arbeiten bzw. der Aufenthalt in einer Rauchstube war also alles andere als angenehm. Die Rauchstube vereinte Küchen- und Aufenthaltsfunktion in einem Raum. Zur Einrichtung zählten Tischecke, Ofenbankerl und weitere Wandbänke, wie man es heute noch in Peter Roseggers Geburtshaus in Alpl oder im Österreichischen Freilichtmuseum in Stübing sieht.

Rauchstube im Sallegger Moar, (c) ÖFM Stübing

Bei einer anderen Möglichkeit der Rauchableitung, beim Rauchhaus, stieg der Rauch in einem über der Feuerstelle errichteten „Funkenhut“ auf, der entweder gemauert oder häufiger ein mit Lehm feuerfest bestrichenes Holzgerüst war. Von dort fielen die gefährlichen Funken ins Feuer zurück. Der Rauch quoll aus dem Funkenhut wieder heraus, sammelte sich wiederum unter der Decke und zog von dort unmittelbar durch die undichte Küchendecke in den Dachraum, wo er Getreidegarben nachtrocknete und leicht räucherte. Diese Variante ist heute noch im Mondseer Rauchhaus und ebenfalls in Stübing zu besichtigen.

Feuerstelle, Rauchhaus aus Siezenheim, (c) ÖFM Stübing

Die Weiterentwicklung bzw. Verbesserung der Rauchstube nannte man Rauchküche, Rauchkuchl, Rußkuchl, Schwarze Küche bzw. Schwårze Kuchl. Nicht selten war die schwarze Küche ein fensterloser Raum im Zentrum des Hauses; die Bezeichnung „Schwarze Küche“ leitet sich aber wohl nicht von der teilweisen Lichtlosigkeit ab, sondern von der Schwarzfärbung der Wände und der Decke durch Ruß, Teer und Rauch. Durch die räumliche Abtrennung des Kochens und Heizens mit offenem Feuer entstand die rauchfreie Stube, die meist über einen kleinen Stuben- oder einen großen Kachelofen verfügte, der von der Rauchküche aus beheizt wurde („Hinterlader“). Es erfolgte also eine Aufteilung von Kochen und Wohnen bzw. Heizen. In der Rauchküche wurde der Rauch ebenfalls durch die Öffnung über der Türe oder durch einen kegelförmigen Kamin aus dem Haus geleitet. In diesem großen Abzug gab es ein Gestänge zum Selchen von Fleisch, Speck und Würsten. Im Museumsdorf ist im Waidendorfer Hof solch eine Schwarze Küche als typisches Modell, wie es in vielen Weinviertler Häusern ausgesehen hat, zu besichtigen.

Küche und Selch im Waidendorfer Hof (c) Nadja Meister

In kleineren Häusern des Weinviertels gab es oft eine Gangküche, wie im Ausnahmhaus aus Niedersulz, wo sich die offene Feuerstelle im Vorhaus befindet. Ein extra kleiner Küchenraum ist im Wetzelsdorfer Haus zu sehen. Die Schwarze Küche im Haus aus Mistelbach übertrifft alles an Enge und Begrenztheit. Die ungewöhnliche großzügige Esse im Freien ist ein beliebtes Fotomotiv.

Rauchkegel Schusterhaus (c) Arbo Walenta
Küche Schusterhaus (c) Arbo Walenta

Ähnlich wie heute, wo wir mehrere Kochstellen am Herd vorfinden, konnten damals auch 2-3 Feuerstellen angeheizt werden. Auf einem Dreifuß stand eine Pfanne, in der das Kochgut zubereitet wurde. Zu den Garzeiten von heute war kein allzu großer Unterschied. Manchmal gab es neben dem Herd noch einen Schwenkarm, auf dem ein Kessel montiert werden konnte. Ein extra eingemauerter Kessel in der Schwarzen Küche löste den schwenkbaren Kessel im 19. Jahrhundert ab. Er diente zum Wäschesieden, Futterdämpfen und bei Tätigkeiten, wozu man viel heißes Wasser benötige, wie etwa beim Schlachten.

Kessel im Wetzelsdorfer Hof (c) Dietmar Bodensteiner

Gerätschaften zum Brotbacken, Kaffeerösten, Buttermachen und Kochen befanden sich in Ofennähe, genauso wie Stielpfannen, Häfen und Backformen. Es war üblich, dass alle beim Mittagstisch aus einer der großen Stielpfanne, die in der Mitte des Tisches aufgestellt wurde, gemeinschaftlich aßen.

Küche im Drösinger Hof (c) Nadja Meister

Im bäuerlichen Bereich wurden Rauchküchen erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts unter den Druck moderner Feuerschutzbestimmungen und durch die Kombination aus dem neu eingeführten Sparherd oder den gesetzten Herd mit dem gemauerten und daher feuerfesten Schornstein abgelöst.

Dieser Vorgang der Umgestaltung der Küchen mit gesetztem Herd mit Backrohr und Wasserschiff vollzog sich im Weinviertel rund um den Ersten Weltkrieg. Dazu wichtig war der gemauerte, feuerfeste Kamin, ein senkrechter Schacht, der die Verbrennungsgase schnurstracks über das Dach ins Freie beförderte. Da diese Gase leichter sind als die Luft in der Umgebung, werden sie nach oben gezogen.

Küche im Bürgermeister Haus (c) Museumsdorf

Die neuen Herde bewirkten eine Revolution beim Kochen. Konnte man bisher am offenen Feuer nur kochen, rösten oder in Fett ausbacken, so wurde es nun möglich, Speisen ganz anders zuzubereiten. Dünsten mit wenig Flüssigkeit, langsames Köcheln, Dämpfen oder Schmorren wurden möglich. Fleisch und Teige in Formen im Rohr zu braten und zu backen bereicherten den Speiseplan unheimlich.

 

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