Nützlinge willkommen!

Dr. Sonja Schwingesbauer, Landschaftsplanerin und Buchautorin

Wilde Nützlinge leisten im naturnahen Biogarten wichtige Dienste. Welche Nützlinge gibt es überhaupt und welche Nutzaspekte erfüllen sie? 

Ökosystem Garten

Naturnahe Gärten sind Orte der Vielfalt, Lebensräume für Mensch, Pflanze und Wildtier. Der eigene Garten funktioniert wie ein eigenes kleines Ökosystem. Es besteht unter anderem aus Pflanzen und Tieren, also der belebten Natur. Wildtiere erfüllen, neben uns Menschen, dabei wichtige Funktionen. Denn Pflanzen und Tiere haben vielfältige und eng verknüpfte Beziehungen zueinander.

Im Ökosystem Garten gibt es vielfältige Lebensräume: Kräuterrasen, Blumengarten, Wildstrauchhecke, Baum und andere, Foto: Sonja Schwingesbauer
Wer ist denn eigentlich ein Nützling?

Doch wer zählt zu den Nützlingen? Im Garten gibt es aus unserer menschlichen Sicht vier Nutzaspekte, die ein Wildtier erfüllen kann:

  1. die Bestäubung von Pflanzen,
  2. die Verbreitung von Pflanzen,
  3. die natürliche Schädlingsregulierung und
  4. die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit.
Die Larve des Leuchtkäfers verspeist eine Nacktschnecke. Er ist damit ein Nützling, Foto: Sonja Schwingesbauer
1.    Bestäubertiere: Emsige Gourmets und umtriebige Genießer

Damit wir uns auch im eigenen Garten über eine üppige Obst- und Fruchternte freuen dürfen, braucht es Bestäubertiere. Kirschen, Äpfel und Birnen werden hauptsächlich durch Hummeln und Bienen bestäubt.

Bestäubung von Obstbäumen durch Wildbienen und Hummeln, Foto: Sonja Schwingesbauer

Allerdings kommt nicht jedes Bestäubertier an jede Blüte. Es gibt Anpassungen in Körperform und Saugorgan. Und auch die Blüten haben sich an ihre Bestäuber angepasst. Durch ihre Blütenform, aber auch in ihrer Farbe, die Saftmale und teilweise auch durch ihren Duft. So unterscheiden wir Bienenblumen, Hummelblumen, Schmetterlingsblumen, Käfer- und Fliegenblumen. Diese Anpassung der Blüte an Tiere wird Zoophilie genannt. Eine typische Hummelblume ist beispielsweise die Akelei. Nur eine Hummel mit einem langen Rüssel gelangt in den Sporn, wo der Nektar ist.

Hier bestäubt eine Waldhummel (Bombus sylvarum) gerade Himbeeren, Foto: Sonja Schwingesbauer

Hummeln bestäuben auch Tomaten, Erbsen und Bohnen. Viele Obstgehölze blühen bereits zeitig im Frühjahr, wenn die Witterung noch kühl und nass ist. Hummeln leisten auch dann ihre Bestäubungsarbeit, wenn es Bienen zu kalt und feucht ist. Außerdem sind Hummeln auch in rauen und hohen Lagen noch anzutreffen, wo es Bienen zu kalt ist. Daher sind Hummeln besonders wichtig.

Auch Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge (Inachis Io Imago) bestäuben Pflanzen, Foto: Sonja Schwingesbauer

Wer Blumensamen zur eigenen Vermehrung ernten möchte, braucht noch weitere Bestäubertiere wie etwa Schmetterlinge und Käfer. Und neben ihrer Bestäubungsarbeit sind die Tiere eine schöne Bereicherung für jeden Garten.

2.    Verbreiter von Pflanzen: Die wilden Gärtnergehilfen

Man kann sich beim Gärtnern auch von Wildtieren wie Vögeln und Ameisen unterstützen lassen.

Einige Vogelarten wie die Amsel naschen gerne Beeren und helfen so bei der Pflanzenverbreitung mit, Foto: Sonja Schwingesbauer

Ameisen als Gärtnergehilfen

Ameisen sind im Garten meist nicht so gerne gesehen. Denn die Rasenameisen etwa verursachen durch ihre Nester Kahlstellen im Rasen. Und viele heimische Arten schützen und fördern Blattläuse, weil sie von ihnen die zuckerhaltigen Ausscheidungen melken. Aber Ameisen sind trotzdem sehr nützliche Tiere, auch im Garten. Sie sind einerseits eine Art Gesundheitspolizei und Müllabfuhr, da sie leblose organische Abfälle sammeln und in ihr Nest transportieren. Andererseits verbreiten Ameisen Samen: Krautige Pflanzen der Wald- und Waldrandgesellschaften wie das Schneeglöckchen bilden am Samen ein Anhängsel aus, das so genannte Elaiosom. Es besteht aus Nährstoffen, die für Ameisen wahre Leckerbissen sind. Durch Duftstoffe dieses Elaiosoms wird die Ameise angelockt und nimmt das ganze Paket – Same und Anhängsel – mit. Auf dem Weg nach Hause bemerkt sie, dass der Same für sie wertlos ist. Sie trennt ihn ab und lässt ihn liegen. So hat der Same eine Chance zu keimen und zu wachsen. Diese Verbreitung durch Ameisen wird Myrmekochorie bezeichnet.

Ameisen tragen zur Verbreitung der Samen von Lerchenspornpflanzen bei, Foto: Sonja Schwingesbauer

Vögel als Gärtner

Auch Vögel helfen bei der Pflanzenverbreitung mit, diese Art heißt Ornothozoochorie. Sie kann auf verschiedene Weise erfolgen. Zahlreiche Vögel wie Hausrotschwanz, Amsel und Co. haben eine Vorliebe für diverse Beeren wie Holunder oder Roten Hartriegel. Was in den Schnabel kommt, wird auch wieder ausgeschieden. Der Same bleibt unversehrt und bekommt sogar noch ein Düngepaket gratis dazu. Diese inwendige Verbreitung heißt Endozoochorie. Eine andere Möglichkeit ist die Verbreitung durch depotanlegende Vögel wie Eichelhäher und Kleiber. Sie legen sich Wintervorräte an. Meist werden einige Früchte vergessen oder fallen aus dem Depot und haben so die Chance zu wachsen.

Der Eichelhäher gilt als Waldgärtner. Er legt Depots mit Eicheln an, die er nicht immer findet, Foto: Sonja Schwingesbauer

Manche Pflanzen heften sich an das Fell oder Gefieder des Transporteurs. So ist es möglich, dass die Diaspore, wie diese Verbreitungsart heißt, weit weg von der Mutterpflanze einen Standort für sich erobert.

3.    Natürliche Schädlingsregulierung: fressen und gefressen werden

Im Ökosystem Garten gibt es Kreisläufe und Nahrungsketten, die aufeinander aufbauen. Wer also im Garten Blattläuse entdeckt – was jeden Frühling passiert –, braucht nicht nervös zu werden, wenn man weiß, dass diesen Läusen bald Marienkäfer wie der bekannte Siebenpunktmarienkäfer zu Leibe rücken werden. Der Siebenpunktmarienkäfer frisst bis zu 4000 Blattläuse in seinem Leben. Seine Larve immerhin 400 bis 800 Läuse.

Blattläuse an Rose, Foto: Sonja Schwingesbauer
Marienkäferlarve beim Verzehr von Blattläusen auf Rosenknospe, Foto: Sonja Schwingesbauer

Aber es gibt auch Marienkäfer wie den Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer, auch Pilz-Marienkäfer genannt, der Mehltaupilze verspeist. Oder der Kugel-Marienkäfer, der Spinnmilben frisst.

Nützliche Insekten und Spinnentiere

Eine Vielzahl an weiteren Tiergruppen sind Räuber und Jäger – so etwa Spinnen und Raubmilben, räuberische Wanzen wie die Rote Mordwanze und verschiedene Käfer wie beispielsweise die Laufkäfer. Sie haben Blattläuse, Spinnmilben oder Thrisplarven auf dem Speiseplan.

Rote Mordwanze, Foto: Sonja Schwingesbauer

Weitere Nützlingsarten für den Garten

Neben diesen kleinen Nützlingen gibt es auch noch andere wertvolle Schädlingsvertilger. Vögel sind besonders während der Jungenaufzucht emsig. Blau- und Kohlmeisen etwa verfüttern mit Vorliebe Spannerraupen an ihren Nachwuchs. Aber auch Spitzmäuse, Igel, Eidechsen und Schlangen tragen zum Gleichgewicht im Ökosystem Garten bei.

Jungigel, Foto: Sonja Schwingesbauer

4. Bodenbereiter und Recyclingspezialisten

Der vierte wichtige Nutzaspekt ist die Arbeit der Bodenbereiter und Recyclingspezialisten im Boden und insbesondere auch auf dem Komposthaufen. Diese Tiere erledigen ihre Arbeit im Verborgenen. Sie leben unter der Erde oder im Komposthaufen. Durch ihre Arbeit bleiben die Bodengesundheit, die Bodengare und damit auch die Bodenfruchtbarkeit intakt. Der bekannte Regenwurm etwa belüftet den Boden und zieht Blätter in die Röhren. Und auch die humusreiche Komposterde wurde von zahlreichen Mikroorganismen wie Kompostwürmern, Tausendfüßern, Spring- und Doppelschwänzen sowie vielen weiteren Organismen gemeinsam mit Pilzen zersetzt und zu fruchtbarer Erde verarbeitet.

Tausendfüßer sind Recyclingspezialisten, Foto: Sonja Schwingesbauer

Tipp: Mehr zum Thema und zur nützlingsfreundlichen Gartengestaltung erfahren Sie in einem Vortrag der Autorin am Naturgartentag im Museumsdorf am Samstag, den 3. September

Über die Bloggerin Dr. Sonja Schwingesbauer

Buchtipp

Wo die wilden Nützlinge wohnen – Gärtnern für eine bunte Tier- und Pflanzenwelt

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