Museumsarbeit hautnah

Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Wissenschaftliche Leiterin

Die Arbeiten in einem Freilichtmuseum wie dem Weinviertler Museumsdorf Niedersulz sind vielfältig und laufen häufig im Hintergrund. Erstmalig möchten wir unsere Besucher:innen einladen, einen Einblick in unsere tägliche Arbeit zu gewinnen und die Gelegenheit geben, Fragen dazu zu stellen.

Sammeln und Inventarisieren

Das Weinviertler Museumsdorf Niedersulz sammelt neben der volkskundlichen Baukultur vor allem Sachzeugnisse aus dem gesamten Weinviertel aus dem späten 18., dem gesamten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diese mobilen Sammlungsbestände dienen als Ausstattung von bestehenden Museumsgebäuden, aber auch für zukünftige Präsentationen.

Die jahrzehntelang gewachsene Sammlung des Museumsdorfs ist sehr umfangreich (rund 40.000 Objekte) und die Lagerkapazitäten in Haupt- und Textildepot ausgeschöpft. Trotzdem wird jedes Objektangebot genau geprüft, ob es den Sammlungskriterien – Herkunft Weinviertel, Alter 19. Jahrhundert sowie „dörflich“ (also nicht bürgerlich-städtisch, adelig oder aus einem Kloster) – entspricht, ob eventuell Lücken im Sammlungsbestand geschlossen oder ergänzt werden oder ob die Objekte für die Kulturvermittlung verwendet werden können.

Ist die Entscheidung für eine Aufnahme getroffen, folgt nach Reinigung und Behandlung gegen Holz- oder Textilschädlinge die Inventarisierung mittels detaillierter Beschreibung des Gegenstandes (Aussehen, Größe, Material, Herstellungstechnik) und fotografischer Dokumentation. Diese Abläufe können Sie im Rahmen der Veranstaltung „Museumsarbeit hautnah“ exemplarisch in der Greißlerei aus Jedenspeigen im Poysdorfer Wirtshaus kennenlernen.

Textildepot

Auch im Textildepot des Museumsdorfs erfahren Sie Details wie z.B. „Wie beschriftet man eigentlich Stoff?“ oder „Wie lagert man heikle Kleidungsstücke möglichst schonend?“. Schließlich umfasst die Textilsammlung des Museumsdorfs weit über 10.000 Objekte. Dazu zählen alle Museumsobjekte, die als Bekleidung definiert werden – wie z.B. so genannte Weißwäsche, die Teil der Aussteuer einer jeden jungen Frau war, aber auch Accessoires wie Taschen oder Hüte – und der so genannte textile Hausrat wie Tischdecken, Bettzeug oder Vorhänge.

Ehrenamtliche Monika Schwanzer beim Annähen von Etiketten, Foto: Museumsdorf

Trotz des hohen Alters der Objekte und der vielen Jahre, die die Textilien schon im Museumsdorf sind, sind die meisten in gutem Zustand. Dies ist vor allem dem Ehepaar Maria-Theresia und Johann Kiessling zu verdanken, das die Textilsammlung über Jahrzehnte ehrenamtlich und mit leidenschaftlichem Engagement gepflegt und ergänzt hat.

In Kooperation mit der Universität für Angewandte Kunst Wien, Institut für Konservierung und Restaurierung, und der Diplomandin in Textilrestaurierung Mag. Ava Hermann wurde ein den Anforderungen entsprechendes Textildepot im Eingangsgebäude eingerichtet. Mittlerweile sind bereits einige Regale mit inventarisierten und fachgerecht verpackten Textilien befüllt. Nun können Sie ausnahmsweise das Textildepot besichtigen und mehr über die damit verbundenen Arbeiten erfahren.

Textildepot, Foto: Museumsdorf

Sammlungspflege

In den Werkstätten des Museumsdorfs werden dringend erforderliche Konservierungs- und Instandsetzungsarbeiten an Objekten aus Holz und Metall durchgeführt. Bei einem Sammlungsbestand von rund 40.000 Objekten können diese natürlich nicht kontinuierlich eines nach dem anderen bearbeitet werden, sondern nach Dringlichkeit – um den drohenden endgültigen Verlust des Objekts zu verhindern – oder meistens anlassbedingt, wenn z.B. Möbel für die Neueinrichtung oder Überarbeitung eines Gebäudes benötigt werden.

Diese Arbeiten werden zum Großteil von engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, den Handwerkern des Museumsdorfs und auch vom wissenschaftlichen Team vorgenommen. Die Schwerpunkte liegen dabei vor allem in der behutsamen Holz- und Eisenkonservierung sowie im Umgang mit historischen Farben, Anstrichen oder Leimen.

Ehrenamtlicher Peter Huber bei der Instandsetzung eines Strohschneiders, Foto: Museumsdorf

Einzelne Objekte oder Objektteile werden auch externen Fachleuten (v.a. Metall- und Papierrestauratoren) überantwortet.

Herd vor Renovierung, Foto: Museumsdorf
Herd nach Neuaufstellung durch Museumsdorf-Mitarbeiter und Renovierung der Metallteile durch Metall-Restaurator, Foto: Josef Schimmer

Gebäude-Erhalt

Die Gebäude, die seit Jahrzehnten im Museumsdorf stehen und teilweise aus wesentlich älterem Baumaterial bestehen, bedürfen laufend verschiedener Erhaltungsmaßnahmen. Diese werden so weit wie möglich in den Wintermonaten durchgeführt, um den Besucher:innen-Betrieb nicht zu stören. Abgesehen von umfangreichen Arbeiten wie Dach- oder ganze Stadelsanierungen führen die Handwerker des Museumsdorfs die laufenden Tätigkeiten selbst aus. So müssen an den gemauerten Gebäuden Risse gefüllt und verputzt und anschließend das gesamte Gebäude mit Kalkfarbe gestrichen werden.

Sanierung der Friedhofsmauer, Foto: Museumsdorf
Müllerwohnung vor Sanierung, Foto: Museumsdorf
Müllerwohnung nach Sanierung, Foto: Josef Schimmer

Gleichzeitig erfordern die Fenster aufwändige Reparaturen wie Lacke entfernen, Kitt, Holzteile oder Glasscheiben erneuern, Beschläge entrosten und konservieren oder bei Bedarf ergänzen bis hin zu ein- bis zweimaligem Anstrich mit Leinölfarbe, die eine lange Trocknungsdauer braucht. So können jedoch jahrhundertealte Fensterstöcke und -rahmen sowie Türen und Türstöcke auch für die Zukunft erhalten werden.

Fensterstock vor Renovierung, Foto: Museumsdorf

An ihrem Originalstandort waren viele der Museumsgebäude aus Lehm gebaut – heute finden sich in einigen Räumen noch Lehmböden. Auch diese müssen aufgrund klimatischer Bedingungen oder einfach durch den Besucher:innen-Betrieb laufend ausgebessert oder komplett erneuert werden. Bei „Museumsarbeit hautnah“ können Sie sich mit unseren Handwerkern z.B. über die Anwendung von Leinölfarbe oder Lehm austauschen.

Lehmboden in Schlafkammer des Keinhäuslerhauses aus Kleinhadersdorf, Foto: Museumsdorf

Bauernhof

Die Tiere des „Lebenden Bauernhofs“ – Ziegen, Schafe, Geflügel, Schweine, Esel und Kaninchen – leben ganzjährig im Museumsdorf. Folglich gibt es immer viel zu füttern und auszumisten, aber auch die Gesundheit der Tiere zu kontrollieren und Hufpflege etc. durchzuführen. Gewinnen Sie einen Eindruck, wie diese Nutztiere artgerecht gehalten und in den Besucher:innen-Betrieb integriert werden können.

Bauernhof-Mitarbeiterin mit einem der Schafe, Foto: Museumsdorf

Garten- und Grünraum-Pflege

„Wie viele Gärtner:innen kümmern sich um die wunderschönen Gärten, wie schafft Ihr das?“ Diese und ähnliche Fragen hören wir oft und wollen sie gerne im Gespräch beantworten. Schließlich pflegt das Grünraum-Team des Museumsdorfs rund 30 Gärten und weitere Grünflächen auf 22 ha – und das rein ökologisch ohne chemisch-synthetische Spritzmittel oder Dünger und ohne Torf (die 3 Grundkriterien von Natur im Garten).

Stv. Grünraum-Leiterin beim Aufstellen und Pflanzen, Foto: Museumsdorf

Mehrere Personen sind fast das ganze Jahr über damit beschäftigt, die Gärten mit meist selbst vorgezogenen Blumen (dreimal im Jahr) und Gemüse zu bepflanzen, zu gießen, große Pflanzen und Blumen zu stützen, ökologischen Pflanzenschutz durchzuführen, den Kampf gegen Wühlmäuse und Buchsbaum-Zünsler aufzunehmen, bei Gelegenheit Obst zu pflücken, um den Besucher:innen damit eine Kostprobe aus dem Museumsdorf zu ermöglichen, weiters Gras zu mähen, Äste zurückzuschneiden und vieles mehr.

Rankgitter für Malabarspinat, Foto: Museumsdorf
Malabarspinat am Rankgitter, Foto: Museumsdorf

Freundesverein

Einen ebenso wichtigen Beitrag zum Erhalt des Museumsdorfs und seiner Objekte, aber auch seiner Angebote, leistet der Verein „Freunde des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz“. Mit den Mitgliedsbeiträgen werden meist kostspieligere Renovierungen durch externe Restaurator:innen wie beispielsweise ein Parade-Schlitten, Dreschmaschinen-Teile, Harmonium, heikle Textilien wie ein Frauen-Zweiteiler unterstützt.

Präsentation des renovierten Schlittens mit Vorstandsmitgliedern des Vereins, Foto: Museumsdorf

Für die kleine Fach-Bibliothek wurde nicht nur ein spezielles Computer-Programm zur Bücher-Katalogisierung finanziert, sondern auch die Arbeiten der Eingabe und Kennzeichnung der Bücher sowie die Öffnungszeiten durch einige Vereinsmitglieder ehrenamtlich durchgeführt und laufend betreut.

Die Inventarisierungsarbeiten der Objekte aus der Greißlerei Pawelka in Jedenspeigen, die über Vermittlung des damaligen Vereinsobmanns, Herbert Nowohradsky, dem Museumsdorf geschenkt worden ist, oder die Medienstation in der wiedereröffneten Mühle aus Walterskirchen wurden vom Verein unterstützt.

Greißlerei, Foto: Dietmat Bodensteiner

In der Georgskapelle wurde eine Gedenktafel für die verstorbenen, aktiv im Museumsdorf tätigen Vereinsmitglieder aufgehängt – dort können Sie am Samstag, 25.5. einerseits den Klängen des vom Verein renovierten Harmoniums lauschen, andererseits sich ausführlich über die Tätigkeiten und Unterstützungsmöglichkeiten des Vereins informieren.

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